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Donegal Irland 2019
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Shit happens

Der Übermut bestraft uns und wir erreichen unser Ziel nicht mehr

blöd gelaufen oder Fahrfehler oder zuviel riskiert

Der Tag beginnt wie fast immer mit Sonnenschein und wir fahren Richtung Osten zur russischen Grenze. Die Nationalstrasse, die wir nehmen, ist eine derer 30% in Finnland, die nicht asphaltiert sind. Und durch das Schmelzwasser vom Schnee (Aussentemperatur heute +8 Grad) wir die Strasse zu einer richtigen Schlammpiste. Unser Knutschi war noch nie so dreckig wie heute. Und das Fahren fühlt sich auf der aufgeweichten Strasse wie auf einer Gummimatte an. Irgendwie kein so tolles Gefühl. Und anscheinend sind wir da wirklich im Niemandsland, denn wir treffen nur ganz selten mal irgendein Fahrzeug.

Dann, in der östlichsten Ortschaft Finnlands (und Europas) kommt die Abzweigung zum östlichsten Punkt Europas. Klar, man kann jetzt diskutieren was genau zu Europa gehört, aber für uns ist weder die Ukraine, Weissrussland oder Russland Europa, also ist hier die Grenze und der östlichste Punkt. Basta!

Wir haben jetzt noch 16km vor uns über schmale Waldstrassen. Zum Glück sind sie etwas ansteigend und so wird aus Schlamm wieder Schnee, immer mehr Schnee bis links und rechts wieder mindestens einen Meter liegt.

Es sind nun noch 6km und die Strasse wird noch etwas schmaler, aber unser Knutschi meistert das grandios. Dann, genau 2.7km vor dem Ziel ist Endstation, die Strasse ab da ist nicht mehr geräumt. Mischt, also müssen wir die Schneeschuhe auspacken. Gerade als wir bereit sind zum Loslaufen, fährt in einem kleinen roten VW ein Jäger hin, der auch zu diesem Punkt will. Es soll dort fantastisch sein, aber komisch, dass die Strasse nicht geräumt ist. Ob wir nicht mit unserem Wohnmobil etwas Platz machen könnten, damit er mit seinem Auto durch kann.

Jetzt beginnt das Zirkeln und irgendwie kommen wir aneinander vorbei und der Jäger fährt an uns vorbei in die nicht geräumte Strasse und braust davon. Na, das sind ja nur etwa 10 cm Neuschnee auf dem Eis der letzten Tage, da könnten wir ja doch noch zu diesem Punkt hinfahren. Anita hat die Idee zur Sicherheit die Schneeketten zu montieren und ich finde sie toll (die Idee und Anita). Keine fünf Minuten später sind sie montiert, wir im Knutschi bereit zum Abfahren.

Die Strasse ist schon ziemlich eng und irgendwie hat es auch doch mehr Schnee als es ausgesehen hat. Aber bis wir das realisieren ist mein Vorderrad links irgendwie im Tiefschnee, das hintere Rad rutsch nach, unser Knutschi legt sich in die Schräglage, die Motorhaube pflügt die meterhohe Schneemade vor sich her, die sich auf der Seite den Dreck von unserem Knutschi schabt und 10m weiter ist ende Feuer. Aus die Maus!

es sieht richtig übel aus am Ende der Welt, gelben Pfosten markieren die Sperrzone

Ich muss gar nicht irgendwie probieren, dass ich da wieder rauskomme, das ist uns beiden sofort klar. Anita steht unter Schock und ich weiss nicht was machen. Handy starten und feststellen, dass weit und breit kein Handyempfang ist und links und rechts der Strasse hat es die gelben Markierungen, die das Sperrgebiet der Grenze festlegen. Nur gerade auf der Strasse darf man sich aufhalten…

Wir sitzen am A… der Welt fest, 2km von der Russischen Grenze weg, kein Handynetz. Ein Rudel Wölfe wird sich nähern, heulen und sich auf ein Häppchen vor dem Nachtessen freuen. Ein Bär wird sie verscheuchen und uns dann noch ganz auffressen.

Ich verfalle in Panik, könnte mich ohrfeigen, dass ich im Schnee nach Skandinavien wollte und verfalle in einen blinden Aktionismus und habe die Idee, ich könne mit der Schneeschaufel mein Knutschi ausgraben. Und dann kommt Anita und schnauzt mich an, ich solle auf meine neue blaue Jacke aufpassen, die wird ganz schmutzig! Ich versuche unser Leben zu retten und ihre einzige Sorge ist eine dreckige Jacke!!!

Nach einer halben Stunde kehrt der Jäger von vorhin zurück und kann natürlich bei uns nicht vorbei. Er steigt aus und sagt, dass wir hier kein Handynetz haben um nach Hilfe zu rufen. Mann, das weiss ich auch! Und er kommt nicht an unserem Knutschi vorbei und kann auch keine Hilfe holen. Dann sagt er, er fahre zurück (rückwärts) und klettere dann auf einen Hügel, und rufe einen Kollegen an der einen Traktor besitzt. Irgendwo finde er schon Verbindung. Das beruhigt ein Wenig, so fressen die Wölfe nicht nur uns.

10 Minuten später ist er wieder da und sagt, dass wir nun einfach eine Stunde warten müssen, bis sein Kollege da ist und das Schaufeln kann ich sein lassen, das bringe nichts. Das einzige was wir jetzt machen können, er bringe uns zum östlichsten Punkt, trinken dort ein Bier zusammen und kehren in einer Stunde zu unserem Womo zurück.

Nach genau 300m bleibt uns nur noch das Bier übrig, denn auch er sitzt mit uns im Auto im Tiefschnee fest. Immerhin können wir sein Auto nach 20 Minuten mit meiner Schneeschaufel befreien und kehren zu unserem immer noch ganz schrägen Womo zurück.

Hoffnung naht

Bis unsere Rettung kommt, vergehen 2 ½ Stunden und in dieser Zeit redet er über seine Biberjagd, dass es jetzt noch zu früh sei dafür, da das Eis noch zu dick ist und dass er auch Wölfe Jagd. Das beruhigt, dann werden wir heute noch nicht gefressen, solange Jukka bei uns ist.

Und dann hören wir den Traktor kommen mit Schneefräse und Schauffellader, vier montierten Schneeketten und ziemlich viel Erfahrung, da der Fahrer zuständig ist für den Winterdienst hier. Er schaut unser Malheur an schüttelt den Kopf und erklärt dann, dass wir nur eine Chance haben, wenn wir unser Womo nach vorne rausziehen können.

Also beginnt er zu baggern und zu fräsen, macht aus dem Waldweg eine Autobahn bis er an uns vorbei ist und vor uns steht. Abschleppseil montieren und dann sind wir tatsächlich wieder frei!

unser Knutschi wird ausgegraben

Man, sind wir erleichtert, zwischendurch dachten wir schon, wir müssen hier auf den Frühling warten.

Zum Glück habe ich die Schneeketten montiert, denn so kann ich im Schnee langsam bis zum letzten Abzweiger rückwärts zurückfahren, wo wir das erste Mal Jurko getroffen habe. 

Der Schneepflugfahrer möchte dann auf meine Frage hin 80€, da er extra 20km hin und jetzt wieder zurück fahren müsse. Ich hätte ihm alles gezahlt, erhöhe darum dann auf 140€. Jukka will kein Obolus und sagt nur, dass er wieder zwei Freunde getroffen hat und falls er mal Probleme in der Schweiz habe, uns anrufen werde.

Beim Zurückfahren der 14km bis auf die Hauptstrasse können Anita und ich gar nicht glauben, wie blöd wir waren, diesen Weg zu fahren, denn wir kommen trotz Schneeketten fast nicht mehr auf die rettenden, geräumte Asphaltstrasse.

gerette und schön langsam rückwärtsfahren auf der frisch gefrästen Strasse

Ich habe genug Schnee gesehen und halte nur noch Ausschau nach einem ebenen, schneefreien und asphaltierten Parkplatz, wo wir übernachten können.

Wir haben den östlichsten Punkt der EU mit dem Womo nicht erreicht, aber glaubt mir, es ginge keinen cm näher…


Übernachtung

Ilomäki - Likoniemi**
Parkplatz

Rastplatz, direkt am See

Koordinaten: 62.74329,30.995843
N 62° 44' 35.9"  E 30° 59' 45"
letzter Besuch: 4.2018

14.4.2018 - Hallo Anita und Rolf, endlich mal ein richtiges Winterfrühlingserlebnis mit Action. Vierzehn Tage früher wär euch das nicht passiert. Dieser nass-angetaute Frühlingsschnee kann sehr tykisch sein. Wie habt ihr euch eigentlich verständigt mit dem Jäger ? Bisher hast du immer geschrieben, das es gerade so möglich war. Aber die Skandinavier sind ja hilfsbereit, auh wenn es durch ihre Gelassenheit etwas länger dauert, jedem wird geholfen.

walter7149


14.4.2018 - Ui, Ui Das ist das schöne...& was Immer wieder aufregend ist. Man wird es nie vergessen! Aber alles gut gegangen. Man lernt schnell die Grenzen kennen & lernt dazu. Ich bewundere die Leute die unter diesen Bedingungen die ganze Zeit leben. Haben wir anderen nicht ein " Luxusproblem?"

Werner


15.4.2018 - Ich liebe immer wieder Deine aus dem Leben gegriffenen Geschichten und mit wie viel Humor ihr euch aus der Patsche zieht! Viele Grüße aus dem warmen South Carolina

- Michael


15.4.2018 - Alter Schwede, das war mal ne coole Story... was hättet ihr nur gemacht, wenn euer finnischer Freund nicht gewesen wäre... wär wohl ne lange Wanderung geworden. Aber wieder was dazu gelernt, nicht wahr? Und toll erzählt, fühlte sich fast an, als wäre man selbst dabei gewesen! Wünsche euch für die Zukunft, dass ihr nicht mehr stecken bleibt und gute Weiterfahrt. Wir sind ab morgen auch wieder unterwegs! LG Hartmut

- Hartmut


15.4.2018 - Ihr Lieben, - man leidet direkt mit euch mit. - So ein Shit, und das am A.... der Welt. - Aber das sind die bleibenden Erlebnisse und ohnehin: Hauptsache ist die Gesundheit! - - - Wir müssen hier in Frankreich nach dieser Regenzeit eher aufpassen, dass wir nicht im durchweichten Boden stecken bleiben. - Liebe Grüsse, auch von Renate -

- Michael


15.4.2018 - Tolle Geschichte! Sowas ist ja während der Situation immer etwas heikel, aber nachher zum Erzählen umso besser! ;)

- Gerfried


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