Dafür neue Ausrüstung
tolle Aussicht auf die Highlands
Wir haben schon 4000er bestiegen und Gletscher bezwungen, aber in Schottland sind wir nicht imstande, auf einen 1200m hohen Berg zu kommen, oder gar den höchsten, den Ben Navis zu bezwingen. Traurig, aber die brutale Wahrheit.
Vorbereitung ist alles, aber manchmal muss man mit weniger auskommen. Gestern kamen wir hier an der Ben Navis Range an, der Talstation der Gondelbahn. Dann war ja klar, dass wir den Ben Navis besteigen wollen, ein 1300m hohes Berglein, wo man bis halb hinauf mit der Gondel fahren kann. Dachten wir. Aber gestern Nacht beim Start der Vorbereitungen zur Expedition Ben Navis wurde schnell etwas klar: wir sind am falschen Ort, diesen Berg zu besteigen. Alle Wanderwege starten in der Ortschaft Fort William mit Meereshöhe 0. Aber es müsste doch möglich sein, von hinten von der Bergstation die immerhin auf 640m Höhe ist, auf den Gipfel zu gelangen, vor allem, weil das ja eher nur ein Hügel wie ein Berg ist?
Nach langer Recherche im Internet finde ich dann eine Wegbeschreibung von unserem Startort aus und den Hinweis, dass man nur gut ausgerüstet die Wanderung unternehmen soll. Aber das steht ja in jeder Wander-Wegbeschreibung. Eine Stunde später habe ich dann so viele Informationen (oder eben keine) dass mir klar wird, wahrscheinlich wird der Ben Navis heute nichts. Weder weiss ich die Dauer der Wanderung, noch habe ich eine genaue Karte. Ebenfalls kenne ich die Wettersituation in den schottischen Bergen zu wenig und bin total ortsunkundig. Und heute morgen liegen die Gipfel in den Wolken, da ist uns das Risiko einfach zu gross. Also weichen wir in Gedanken auf den 7. und 8 höchsten Gipfel von Grossbritannien aus, die sind von der Bergstation nicht zu verfehlen.
So fahren wir um 9Uhr mit der Gondel hinauf, laufen dort zum ersten Aussichtspunkt und haben einen gewaltigen Überblick über den Fjord und Fort William. Die Fahrt hat sich schon mal gelohnt.
Danach machen wir uns an den weglosen Aufstieg Richtung Zwischenziel Aonach Mòr (8 höchster Gipfel) wenn wir da oben sind, können wir uns immer noch entscheiden, Richtung Ben Navis abzuzweigen.
Der Aufstieg ist aber mühsam, nicht steil, aber weit und breit kein Weg. Jedes Mal, wenn wir meinen, einen Trampelpfad zu sehen, stellt es sich als verschlammter, matschiger kleiner Bergbach heraus. Wir waten durch Sumpf und Matsch, immer weiter hoch. Nur dank unseren guten Wanderschuhen haben wir noch keine nassen Füsse. Alle 10m müssen wir einen kleinen Umweg machen, damit wir nicht im Sumpf versinken. Nach einer Stunde haben wir erst 200 Höhenmeter geschafft, immer noch keinen Weg erspäht und dafür sind wir dem Gipfelumhüllenden Nebel näher gekommen. Wenn es so weiter geht, haben wir nochmals zwei Stunden bis zum vermuteten Gipfel. Es hat so einfach keinen Wert. Wir beschliessen, dass wir zwischen den Skiliftmasten wieder zur Bergstation absteigen. Und da wir ansonsten auch niemand sehen, der nur einigermassen unsere Richtung eingeschlagen hat, bereuen wir unseren Entscheid nicht. Wieder bei der Bergstation besichtigen wir dann auch noch den anderen Aussichtspunkt und das Panorama der schottischen Highlands. Einfach wunderbar.
Und anstatt uns in ein Gipfelbuch einzutragen, sitzen wir ins Bergkaffe, (der höchst gelegenen Bar Schottlands, immerhin) und genehmigen uns etwas zu Essen und Trinken.
Es wurmt schon etwas, dass wir nicht mal den kleinsten Gipfel erzwungen haben, aber es ist einfach viel zu nass.
Also wieder mit der Gondel runter, Berg- gegen Velokleider umtauschen und schon fahren wir die 10km mit unseren Bikes nach Fort Williams. Dort gibt es mindestens vier Outdoorgeschäfte, die wir alle besuchen und ich mir einen neuen Bergpullover kaufe. Wenn wir schon nicht hoch kommen, sollen wir wenigstens top ausgerüstet sein. Anita kauft noch neue Berghosen (und auch einen Pullover) und dann geniessen wir den strahlend blauen Himmel in einem Strassencafé. Hätten wir doch noch hoch wandern sollen? Der Gipfelnebel ist jetzt nämlich weg und wir sehen auch zum ersten Mal den Gipfel des Ben Navis.
Ach was, wir haben Ferien und können es auch unten geniessen.
Mit neuen Bergkleidern besuchen wir noch das örtliche Schloss und fahren danach glücklich wieder zu unserem Womo zurück.
Wir haben uns heute nicht mit Ruhm bekleckert, aber vielleicht ist ja das gerade unsere Stärke, dass wir nichts erzwingen und uns keinen unnötigen Risiken aussetzen. (Wir müssen unser Unvermögen nun noch etwas schön reden…)
Und wir merken jetzt, dass wir die schöne Treppenschleuse einfach vergessen haben, zu besichtigen. Dabei wollten wir dort doch so tolle Fotos machen. Sollen wir das morgen nachholen?