Headbild
Pont du Gard Frankreich 2015
Sie befinden sich: Blog \ Reisebericht

Sturmflucht

Hammer fester Wind

es sieht so friedlich aus, Hafen von Hammerfest

Gestern nach dem Znacht am schönen kleinen Hafen von Kvalsund klopfte es plötzlich an unsere Womotüre. Ein norwegisches Pärchen warnt uns: «Sturm kommt, ganz heftig» wir sollen uns hinter das rote Gebäude stellen.

Wenn wir eines gelernt haben auf unseren Reisen: vertraue den Einheimischen betreffend Wetter! Wir wussten, dass in der Nacht der Wind zunimmt und morgen Nachmittag ganz heftig wird, aber wenn uns jemand warnt, müssen wir das ernst nehmen. Also schnell zusammenpacken und dann fahren wir hinter die grosse Turnhalle. Idyllisch - nein, verboten – keine Ahnung. Wir überlegen uns, was sollen wir tun? Wir beschliessen, dass wir trotz Dunkelheit und Wind die 30 km nach Hammerfest fahren und uns dort im Schutz der nördlichsten Stadt der Welt ein Plätzchen suchen.

Stellplatz am Hafen

Die Fahrt dorthin geht gut voran, auch wenn wir langsam und vorsichtig fahren. Es sind nur ganz wenige Fahrzeuge unterwegs in dieser sternenklaren und kalten Nacht. In Hammerfest fahren wir auf den offiziellen Stallplatz beim Hafen, parken so, dass die Schnauze unseres Womos in den Wind schaut und versuchen zu schlafen. Es ist bitter kalt, das Thermometer zeigt zwar bloss -15 Grad an, aber mit dem Wind sagt unser Wetterapp, gefühlt wie -24 Grad. Irgendwie sind wir aber noch nicht 100% sicher, ob das der richtige Ort ist. Ein norwegisches Womo steht ebenfalls da, also dürfte es schon gut sein.

In der Nacht haben wir dann nicht ganz so viel geschlafen, es hat wirklich gerüttelt und geschüttelt im Womo und der Wind soll auf den Nachmittag und Abend noch mehr zunehmen. Unser norwegisches Verkehrsapp meldet in der Umgebung überall Warnungen vor starkem Wind und Schneeverwehungen, an einigen Orten ist die Strasse ganz gesperrt, so auch auf unserer geplanten Weiterreise. So bleiben wir heute zur Sicherheit in Hammerfest stehen, morgen Nachmittag soll es ein Zeitfenster mit weniger Wind geben. Das werden wir nützen müssen, aber was bis dahin? Hier am Hafen fühlen wir uns nicht wirklich sicher, also marschieren wir los ins Touristenbüro. Es fühlt sich wirklich extrem kalt an mit diesem eisigen Wind. Und da wir noch etwas zu früh dran sind, schauen wir uns noch die Kirche an, bevor wir uns dann auf den Weg zum Königlichen Eisbärenclub und der Tourismusinfo machen. Wir sind seit 11 Jahren Mitglied in diesem Club und dürften jeden 3. Sonntag im Januar an die Jahresversammlung nach Hammerfest. Allerdings waren wir noch nie da und jetzt wo wir Zeit hätten, ist sie schon vorbei…

der Hafen, blauer Himmel und starker Wind

Wir begutachten die Ausstellung und lesen die Infotafeln (auch auf Deutsch) über Polarforscher, Köche, Hammerfest und Fischerei. Aber danach fragen wir die freundliche Dame, was uns eben am meisten interessiert: Sind wir sicher auf dem Stallplatz? Sie gibt uns den Ratschlag, auf den Campingplatz zu fahren, er sei zwar geschlossen, aber zum Übernachten seien wir dort besser aufgehoben und hineinfahren könnte man trotzdem. Auf dem Stellplatz am Hafen wisse man bei diesem Sturm nie, ob die Wellen über die Mole herausklatschen werden. Wie, die Wellen bis zu unserem Knutsch und danach vereisen sie? Und morgens erwachen wir in einem Eisblock?

Also wieder zusammenpacken und vor dem Mittag zum Campingplatz, bevor der Wind noch stärker wird. Der Platz ist belegt durch Wohnmobile und Wohnwagen der Einheimischen, die dies als Winterquartier für ihre Fahrzeuge wählen. Wir finden eine Lücke zwischen den abgestellten Womos, können sogar mit Strom stehen, ich muss aber die Lücke selber vom Schnee freischaufeln. Gar nicht so einfach bei diesem Wind!

es ist bitter kalt, gefühlte -24 Grad

Aber wir sind platziert, etwas windgeschützt, während der Wind am Womo rüttelt. Man merkt, dass der Wind stärker und die Böen mehr werden.

Ich habe zwischendurch etwas Angst um unsere Dachfenster, aber alle anderen Womos hier haben die Dachfenster auch noch, also wird auch unseres halten.

Kurz nach Mittag essen wir ein ausgiebiges Frühstück, wir haben ja jetzt Zeit. Bei diesem Wind wollen wir auch in der weltweiten ersten elektrifizierten Stadt der Welt weder auf den Aussichtspunkt noch in ein Museum. Wir müssen im Knutschi bleiben, damit es etwas mehr Gewicht hat und nicht ganz so leicht fortgeweht werden kann…

Lutherische Kirche Hammerfest

Hammerfest ist nicht eine wahnsinnig schöne Stadt, wie so viele im Norden. Das hat auch mit dem 2. Weltkrieg zu tun: beim Abzug der Deutschen haben diese alles zerstört und niedergebrannt, und so musste auch Hammerfest in den 50er Jahren wieder neu aufgebaut werden und der 50er Stil der Gebäude sieht man ihnen noch heute an. Trotzdem ist Hammerfest irgendwie anziehend, viele Arktisexpeditionen starteten von hier und lange lebte die Stadt vom Robben- und Walfang.

Wir haben nun aber Zeit, unseren weiteren Reiseverlauf der nächsten Tage zu planen und beschliessen, dass wir morgen das Zeitfenster nützen müssen, um nach Alta zu kommen, falls das geht. Heute war diese Strasse gesperrt und nicht mal Konvoi wurde gefahren. Danach werden wir dem Sturm mit einem Umweg über Finnland zu entfliehen versuchen, bevor wir dann wieder den Weg nach Norwegen Richtung Tromsö einschlagen. Falls die Strasse auch morgen gesperrt ist, werden wir einen neuen Plan fassen.

Sonnenaufgang 9:03 Uhr, Untergang 14:16 Uhr, Tageslänge 5:13 Std.
schön - bewölkt, -11 bis -14 Grad, Wetterapp zeigt Windböen bis 100km/h an

Übernachtung

Hammerfest - Campingplatz***
Camping

geschlossen im Winter, aber etwas windgeschützter wie der Stellplatz am Hafen.

Koordinaten: 70.65935,23.711923
N 70° 39' 33.7"  E 23° 42' 42.9"
letzter Besuch: 2.2025