der berühmteste Wald der Welt
im Sherwood Forest
Wir stehen total gerädert auf heute Morgen. Der Parkplatz, wo wir geschlafen haben, wird von den Jungen mit ihren getunten Autos für den Testosteronabbau benützt. Heulende Motoren, quietschende Reifen, Hupkonzert und alles, wirklich alles, was dazugehört, inklusive Autorennen. An Schlaf war bis nach Mitternacht nicht zu denken, dazu gesellte sich die Angst, falls mal einer seine Kontrolle über sein aufgemotzte Maschine verliert, der uns ins Knutschi kracht. Das Einzige, was uns übrigbleibt: zum Fenster hinaus dem Treiben zuzuschauen und versuchen, Freude daran zu haben…
So starten wir etwas ruhiger in den heutigen Tag und auf der Fahrt Richtung Süden sprechen wir gar nicht so viel. Die Engländer sind ja rücksichtsvolle Autofahrer, ausgenommen die Lastwagen. Die blochen mit ihren 40-Tönnern-Sattelschlepper mit über 100km/h über die Autobahn (erlaubt ist für ein schwerer Sattelschlepper immerhin 97km/h, bei uns 80). Und wer nun glaubt, das beruhigt den Verkehrsfluss, weil alle ungefähr gleich schnell fahren (PW dürfen 112km/h fahren), der irrt sich gewaltig. Ein Lastwagen überholt wegen 0,05km/h Geschwindigkeitsüberfluss den nächsten und braucht schon mal 2km bis er nur das Ende des vorderen erreicht hat und dann weitere 5km bis er auf gleicher Höhe ist. Und wenn das zwei Lastwagen mit 4.65m Höhe sind (ja, hier ist auch das erlaubt, bei uns sind es maximal 4m) erschrickt man schon ein bisschen. Ich habe den C-Ausweis und in unserer Familie haben wir einen Berufschauffeur, daher habe ich sehr viel Verständnis für LKW-Fahrer, aber hier in England habe ich echt Mühe mit ihnen.
eine alte Eiche im Sherwood Forest
Aber nach zwei Stunden biegen wir dann in den Parkplatz beim Besucherzentrum des Sherwood Forest ab. Der Wald, wo sich Robin Hood versteckt und regelmässig die Kutschen des Sheriffs von Nottingham geplündert hat. (Robin Hood tauchte übrigens schon 1270 in Balladen in dieser Gegend auf.) Wir montieren die Wanderschuhe und entschliessen uns, dem Greenwood trail zu folgen, er soll 1:15 std. dauern. Die Wege sind gut, fast flach und der Wald sieht ziemlich alt aus. Als Sohn eines Waldbesitzers meine ich nur: überalterter Baumbestand, der zu spät verjüngt und der Wald lange nicht gepflegt wurde. Alles klar? Es gibt viele alte, knorrige Eichen, die 100te von Jahren auf ihrem Buckel haben werden und dazwischen viel zu viele Birken, die sich weil schnell wachsend, in jüngerer Zeit durchgesetzt haben. Es ist aber schon schön, da durch zu laufen, auch weil die Farne meterhoch sind. Beim Baum des Robin Hoods, der Major Oak, bleiben wir natürlich auch stehen. Diese Eiche soll zwischen 800 und 1000 Jahre alt sein, ihr Alter sieht man ihr aber auch an, sie muss überall abgestützt werden, damit sie nicht zusammen kracht. Mit den Holzlatten als Abstützung, sieht der Baum aber nicht mehr majestätisch aus, dafür wundert es uns, dass wir in diesem Wald, wo es dauernd Touristen mit Hunden hat, doch tatsächlich noch ein Reh mit ihrem jungen sehen. Auch ein Eichhörnchen erspähen wir. Der Spaziergang hat uns gefallen, aber das Beste ist schon, dass wir unseren Enkeln dann mal erzählen können, dass wir im Sherwood Forest waren…
Nach einer Pause nehmen wir noch das letzte Stück Autofahrt für heute unter die Räder. Ich habe ausnahmsweise gestern einen Campingplatz gebucht, weil ich heute nicht noch einen Übernachtungsplatz suchen wollte und ich gerade einen unter dem Belvoir Castle gefunden habe. Aber als wir dort ankommen, macht sich bei mir Verzweiflung breit, geschuldet von zu wenig Schlaf letzte Nacht. Es ist nicht möglich, unser Womo nur annähernd gerade hinzustellen, so abschüssig ist es. Niemand hier, nummern sind markiert von 13 – 17, wir haben die 34 gebucht. Es nervt. Endlich mal etwas reserviert, aber da wären wir weitergefahren, wenn wir nicht schon bezahlt hätten.
Wir beschliessen, das Schloss zu besichtigen und uns dann entscheiden, was wir weiter machen. Das Schloss ist aber für Besichtigungen ab heute bis Sonntag geschlossen. Macht nichts, wir wollen es ja vor allem von aussen sehen. Also laufen wir rund ums Schloss und den Garten. Es ist ein wirkliches Schloss! Es sieht mal so aus, wunderschön. Es ist übrigens das Schloss aus dem Film der kleine Lord mit dem Lord Fauntleroy und dem Grossvater Earl of Dorincourt. Der Film kommt seit 1982 jedes Jahr zur Weihnachtszeit auf ARD und fast alle kennen den doch, oder?
Uns gefällt das Schloss und der Garten von aussen sehr gut, so lange, bis es plötzlich zu regnen beginnt. Wir sind übrigens die einzigen zwei Gäste, die auf dem ganzen Gelände herumstiefeln. Während dem Regen suchen wir uns Unterschlupf und warten, bis es besser ist.
Besser ist dann auch unser Gefühl, als wir mit unserem Knutschi auf die Keile gefahren sind und halbwegs gerade stehen. Etwas unheimlich ist unser Platz aber schon, kein Mensch ist hier und es sieht ganz anders aus, wie auf dem Plan, der auf der Webseite des Campingplatzes ist. Sind wir hier überhaupt richtig?
Egal, wir sind eingerichtet und schlafen hier ganz bestimmt viel ruhiger wie gestern.
236km, bewölkt, 12 - 22 Grad