kommt ca. 2028 auch in der Schweiz
Die Erhöhung der Fahrerlaubnis Kategorie B auf 4.25t erhitzt die Gemüter einiger, andere jauchzen himmelhoch und bei den Dritten bleiben nur Fragezeichen zurück. Wir versuchen mal, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
1682 entschied der König Ludwigs XIV. in Frankreich, dass der Transport seiner 3 t schweren Marmorblöcken auf 500kg schweren Ochsenkarren für das Schloss Versaille das Gewichtsmaximum ist, die damaligen Strassen halten nicht mehr aus. Die 3.5t Limite war erfunden, bevor es überhaupt Fahrprüfungen gab.
Daran hat sich nie etwas geändert, die Fahrzeuge wurden anders, Ochsen wichen Motoren, elektronische Fahrhilfen kamen irgendwann dazu, andere Antriebsformen, andere Zwecke. Die Hersteller von sogenannten Wohnmobilen, also Fahrzeugen, wo man drin wohnt, die doch eher Reisemobile sind, wollten diese Limite schon lange hinaufschrauben. Schwerere Wohnmobile = teurer = mehr Verdienst. Nur der Verkauf happerte, da die Pensionäre nicht extra noch eine teure Fahrprüfung machen wollten, denn dann könnte sich herausstellen, dass man gar nicht mehr fahrtüchtig ist. Also blieb alles beim Alten, und die Hersteller hatten kein Argument für eine Erhöhung, denn die Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer durch unfähige Lenker von schweren Fahrzeugen wollte niemand aufs Spiel setzen.
Die Entwicklungen schritten voran, die Fahrzeuge wurden schwerer und schwerer, die Zuladung kleiner und kleiner. Bei den PW’s wurden E-Autos entwickelt, bei den Lieferwagen auch. Das Problem: die Lieferwagen wurden zu schwer, die Zuladung zu klein, keiner kauft.
In dieser Phase kam in der EU die Idee auf, für E-Autos die Gewichtslimite zu erhöhen, weil man wollte ja grüner werden und der Verkauf der E-Autos fördern. Also beschloss die Verkehrskommission mit der neuen Führerscheinrichtlinien den Führerschein Kat. B für Elektro-Autos gültig bis 4.25t zu erklären. Die Schweiz war begeistert und übernahm diesen Vorschlag 2023 als erstes.
Aber nun fahren unausgebildete „Möchtegernschwertransporteure“ E-Autos bis 4.25t und werden so auf andere Verkehrsteilnehmer losgelassen. Die EU-Verkehrskommission erklärte darauf hin, dass die Verkehrssicherheit deswegen nicht schlechter wird, da die Fahrzeuge verschiedenste Assistenten eingebaut haben und es heute problemlos sei, so schwere E-Fahrzeuge sicher zu lenken.
Äh, wie war das mit der Sicherheit? Ist ein 4.25t schweres E-Auto sicherer als ein 4.25t schweres Dieselfahrzeug? Diese Frage stellten sich genau zwei Gruppen von Menschen: die einen stellen Wohnmobile her, die andern fahren damit herum. Der europ. Verband der Hersteller und der europ. Verband der Wohnmobilisten begannen dann, mit den EU-Parlamentarier zu diskutieren, warfen das Argument der Sicherheit zwischen E-Autos und Diesel-Fahrzeugen auf, diskutierten wieder und führten weitere Gespräche. (ein Danke übrigens, allen Wohnmobilisten, die bei einem Wohnmobilverband Mitglied sind, denn nur dank ihnen konnte man in Brüssel überhaupt diskutieren. Wenn keine Mitglieder da wären, würde auch nichts passieren. Für Schweizer wäre dies Wohnmobilland Schweiz, für Deutsche die Reisemobil Union).
Am 28. Februar trat die EU-Verkehrskommission mit ihrem Vorschlag vor das EU-Parlament. Es entbrannte eine hitzige Diskussion und es wurden 237 Abänderungsanträge gutgeheissen. Einer davon, Nr. 83, besagt, dass Krankenwagen und Wohnmobile mit dem Führerausweis B bis 4.25t gefahren werden dürfen, alle anderen Fahrzeugarten nur bis 3.5t oder nur mit alternativem Antrieb bis 4.25t. Diese Abänderungsanträge sind nun zurück in der Verkehrskommission und müssen bereinigt werden.
Die Verkehrskommission wird dann nach den im Sommer stattfindenden Neuwahlen mit dem neuen Vorschlag vor das Parlament kommen. Beim Abänderungsantrag 83 geht der Kommission die Gegenargumente aus, denn die Sicherheit ist es nicht, wie sie im Vorfeld schon klargemacht hat. Es bleibt ihr also nichts anders übrig, als diesen Artikel zähneknirschend durchzuwinken.
Es kann höchstens sein, dass andere Verbände (Lieferdienste, Handwerker) ebenfalls Fahrzeuge bis 4.25t wollen, ein Argument dagegen gibt es ebenfalls nicht. Die Diskussion wird also nochmals geführt, Die Verbände (und deren Mitglieder) braucht es also dringend nochmals.
Szenario 1: Die Kommission sieht ein, dass es ein Fehler war, E-Fahrzeuge bis 4.25t zuzulassen und nimmt diese zurück. Niemand darf dann mit einem Führerschien B ein schwereres Fahrzeug lenken. Eher unwahrscheinlich.
Szenario 2: Die Vorschläge gehen so durch die Kommission, E-Autos, Krankenwagen und Wohnmobile dürfen bis 4.25t gefahren werden. Eher wahrscheinlich
Szenario 3: Die Limite wird generell auf 4.25t angehoben und als Kompromiss darf nur gefahren werden, wenn ein Fahrsicherheitskurs abgelegt wurde. Am wahrscheinlichsten.
In der Schweiz hat übrigens der Bundesrat in seiner Antwort auf die Motion 22.3537 von Nationalrat und Mitglied von Wohnmobilland Schweiz, Franz Grüter SVP, signalisiert, dass er die Regelung der EU für Führerscheine übernehmen wird.
Realistischer Zeitplan: ab 2028 darf man mit Fahrausweis B Fahrzeuge bis 4.25t fahren.
Fazit: es ist wichtig, dass sich Wohnmobilisten zusammen schliessen und sich in einem Verband organisieren. Aufrufen möchte ich all jene, die keine Mitgliedschaft bei einem Verband haben, zeige dich solidarisch! Werde Mitglied z.B. bei Wohnmobilland Schweiz! Mitgliedschaften bei Facebook oder anderen Social Medien sind zwar interessant, nützen aber der Idee, Wohnmobilisten besser zu positionieren, gar nichts…
Noch eine kleine Anmerkung: ich persönlich habe den Ausweis C für 40 t. Die Fahrprüfung und das Lernen dafür hat sich absolut gelohnt, auch wenn ich keine 40t mehr lenken werde...
7.3.2024 - Die Frage nach der Fahrerlaubnis ist je leider nur die halbe Problemdiskussion. Das Problem lässt sich ja auch so lösen, dass man ein Upgrade machen kann, dass dann den LKW-Schein bis 7,5t enthält und somit auf dem Stand ist, wie es mit alten PKW-Fahrklassen einmal war. Zumindest in Deutschland ist das für Einsatzfahrzeuge bei Hilfsorganisationen, Feuerwehr... ohne Probleme möglich. Man muss nur eine kleine Schulung machen und begleitet mit entsprechenden Fahrzeugen üben. Die andere Frage ist im Sinne der Verkehrssicherheit viel wichtiger. Ist es sicherer, wenn ständig Reisemobile am oder über dem Gewichtslimit bewegt werden, weil man leider selbst bei einer Zulassung mit 3,6t plötzlich andere Geschwindigkeitslimits, Überholverbote, Durchfahrtsbeschränkungen, Mautbestimmungen... beachten muss. Das schreckt vermutlich mehr Leute ab als die Führerscheindiskussion. Ich muss mit meinem Reisemobil mit Ducato-Maxi-Fahrgestellt bei maximal 4,4t Zulassung die LKW-Regeln beachten, obwohl ich in den meisten Fällen auch nicht schwerer beladen sein werde als jemand, der es als 3,5t-Fahrzeug angemeldet hat. Fahre ich dann aber auf der Landstraße in Deutschland 80km/h, werde ich auch an unübersichtlichen Stellen überholt. Fährt der überladene oder ausgereizte 3,5-Tonner ohne angepasstes Maxi-Fahrgestell seine 100km/h, ist Bremsweg, Fahrverhalten... eher schlechter als bei mir, aber er provoziert keine riskanten Überholvorgänge. Auf der Autobahn fahre ich dann 100km/h (oder entspannt zwischen den LKWs ca. 90 km/h), während der 3,5t-Fahrer auch 140 km/h fährt... Die Straßenbelastung wäre ebenfalls gleich, da ich bis auf die 40kg für das Maxi-Fahrgestell ja auch nicht schwerer bin als mit dem überladenen Light-Fahrgestell... Wenn man ein wintertaugliches Reisemobil haben will, wird es mit normaler Ausstattung zum Reisen auf Stellplätzen ohne Sanitärgebäude bei Zulassung bis 3,5t vom Angebot langsam echt schwer, selbst wenn man nur zu zweit mit Fahrrädern und Campingausstattung reisen will.
Kurt
19.3.2024 - Mit dem 3.5 t Führerschein ist es erlaubt, ohne zusätzliche Prüfung einen Anhänger der keine eigenen Bremsen hat bis max. 750 kg zu ziehen. Das gibt auch 4.25t. Ist das dann sicherer?
Thomas Schmid