sooo spektakulär
mutige Anita
Wenn wir morgens schon gewusst hätten, was uns heute erwartet, wer weiss, ob wir überhaupt aufgestanden wären! Nacht s hat es geschüttet wie aus Kübeln aber pünktlich zur Aufstehzeit guckte schon wieder blauer Himmel hervor. Wir beraten kurz, was wir heute machen sollen, es gibt zwei Möglichkeiten. Eine Wanderung zum Preikastolen oder mit dem Womo durch den Lysefjord und unten am Preikastolen vorbei, dann die spektakuläre Lysevegen hinauf mit 25 Serpentinen auf nicht mal 4km und dann eine Wanderung zum Kjeragbolten, einen eingeklemmten Stein, ein absolute Top-Fotospot. Ein Blick auf die Wetterkarte hilft uns bei der Entscheidung: Den Tag durch immer wieder Regen und ab 18 Uhr Aufhellungen. Das würde passen für Variante Kjeragbolten, den die Fähre durch den Lysefjord fährt nur alle zwei Tage und heute um 13 Uhr legt sie ab. Demnach können wir die Wanderung also sowiso erst ca. um 17 Uhr beginnen und vom Wetter her passt das also.
So buche ich die Fähre (diese muss man obligatorisch buchen und mindestens zwei Stunden vorher, denn wenn keine Autos gebucht haben, würde sie auch nicht fahren). Wir buchen sie für unser Knutschi, Fahrer und Beifahrer für umgerechnet CHF 57.- und dauert insgesamt 2:40 Std. Fährfahrt durch den Fjord. Nicht teuer, oder? (Eine 2-stündige Bootstour durch den Lysefjord und unter dem Preikastolen vorbei kostet für Pauschaltouristen pro Person ca. 120.- ).
Wir können es gemütlich nehmen, haben wir doch nur 90 Minuten Fahrt zum Fähranleger und müssen 10 Minuten vorher dort sein. So hat Anita noch Zeit, den vorbereiteten Teig in unserem Womo-Ofen zu einem Brot umzuwandeln. Wie das herrlich duftet! Und super sieht es auch noch aus.
Auf der Fahrt gehen wir noch Lebensmittel und Getränke einkaufen und sind bei Regen pünktlich am Fähranleger. Es fahren genau 7 Autos auf die Fähre, wovon 3 Wohnmobile sind. Schnell sind wir im Gespräch mit den anderen und geniessen die Fahrt. Wenn es schüttet sind wir im Womo, wenn 5 Minuten später wieder die Sonne drückt, draussen auf der Fähre und schauen die Felswände an.
Nach gut einer Stunde Fahrt kommt dann links der Preikastolen ins Blickfeld. Es sieht schon gut aus so von unten, aber nicht wirklich lohnenswert. Man müsste jetzt da oben stehen, es soll fantastisch und spektakulär sein. Aber für alles haben wir eben keine Zeit. Sie geniessen wir die Fährfahrt und der 4. Hafen ist dann Endstation in Lysenbotn. Schnell sind wir von der Fähre und schon in der Steigung den Berg hoch. Zuerst kommt ein Tunnel mit einer Serpetinen drin, wo man schon mal richtig viel Höhe macht und dann kommen die vier Kilometer mit den 25 Spitzkehren. Es ist viel breiter wie gedacht, Kurve an Kurve, aber nicht ganz so spektakulär, wie wir uns das vorgestellt haben. Vor allem sieht man die Strasse mit den vielen Kurven wieder berg hoch noch Berg runter. Man müsste alos die Drohne fliegen lassen, damit es ein gutes Bild gibt. Aber als wir oben auf dem Parkplatz ankommen, ist ein grosses Schild, Drohnenflugverbot. Also nichts mit einem guten Strassenfoto mit 25 Serpentinen. Leichte Enttäuschung.
Der Parkplatz kostet ganze 300 NOK (26 CHF) und Wohnmobile dürfen zwischen 22 und 7 Uhr nicht dort oben übernachten. Für uns kein Problem und gewusst haben wir es auch. Auch der Preis hier am Ende der Welt für die schönen Toiletten und die gesamte Infrastruktur stört uns nicht. Wer es nicht bezahlen will, muss einfach weiterfahren.
Es nieselt wieder und wir machen uns für die Wanderung bereit. «Gute Berggänger sind in 1:30 Uhr oben und normale Touristen in 2:30 Std.» erkläre ich Anita. Aber irgendwie habe ich da falsche Zeiten im Kopf, das merken wir aber erst auf dem Heimweg. Denn im Internet wird beschrieben, dass man für Hin- und Rückweg 6 Std. braucht. Zum Glück wissen wir das nicht und sind so naiv, dass wir einfach loslaufen. Schliesslich sind wir ja Bergtourenerfahren. Allerdings unterschätzen wir es total. Zum Glück sind wir aber richtig ausgerüstet, sogar die Stirnlampen hätten wir dabei, wenn wir zu lange hätten. Es geht Berghoch, über schmierige Felsen, die noch etwas nass sind, zum Teil mit allen vieren müssen wir uns halten, Anite klepft es zweimal hin, auch ich liege mal am Boden. Knie, Ellbogen, Hände, und auch ein Kopf schmerzt, bis wir zurück sind. Aber wir überleben. Allerdings der Hinweg ist wohl nur 5km, aber nach 1:30 Std haben wir erst die Hälfte und spüren die Beine schon. Die zweite Hälfte ist dann etwas einfacher und wir kommen schneller vorwärts.
Nach 2:30 h sehen wir den Kjeragbolten. Auf den ersten Blick sind wir enttäuscht, nur so ein kleiner Stein? Auf den zweiten Blick stellt es uns die Nackenhaare auf, zieht die Ohren einwärts und biegt die Zehennägel aufwärts! Unter dem Stein geht es 1000m in den Fjord runter, und der Stein ist nicht mal das spektakulärste? Die Felswände sind senkrecht und schwarz, ein Wasserfall stürzt ebenfalls hinunter. Einfach nur Wow! Und weil der Stein so klein ist, muss man echt Mut haben, dort drauf zu stehen. Echt jetzt, unten geht es 1000m runter, der Stein bietet gerade mal Platz um hinzustehen, und alles ohne Sicherung, ohne Geländer oder sonst was. Wir teilen uns die Aufgabe: Anita steht auf den Stein und ich mache das Foto. Aber auch das Foto ist nicht ganz einfach, es liegt noch Schnee und wenn man hier ausrutscht, geht es ebenfalls 1000m unter dem Stein hindurch und in den Fjord runter. Der geplante Fotosprung auf dem Stein lassen wir sein, sobald das Foto im Kasten ist, bringen wir uns sofort wieder in Sicherheit.
Wow, wir sind schon auf einigen 4000er gestanden, aber so etwas Spektakuläres haben wir echt noch nie erlebt.
Es sind mit uns gerade mal 7 Leute hier und keiner der anderen getraut sich, auf den Stein zu stehen. Und ganz ehrlich: ich auch nicht. Wenn ich das vorher schon gewusst und alles in Ruhe abgecheckt hätte, hätte ich Anita verboten, dort auf den Stein zu stehen und wir hätten auf das Foto verzichtet!
Wir machen uns dann wieder auf den Rückweg und sind aber so was von erledigt, als wir nach 5 Stunden um 22 Uhr wieder beim Knutschi sind. Die Beine sind Gummi, keine Kraft mehr, ausgepowert. Heute sind wir an unsere körperlichen Grenzen gekommen! Wahrscheinlich auch, weil wir diese Wanderung unterschätzt haben.
Also, mindestens 5 Stunden einrechnen, sehr gute Trittsicherheit und eine gewisse Erfahrung im Gebirge haben ist sicher nicht von Nachteil. Eine Turnschuhwanderung ist das auf keinen Fall. Haben wir darum in den 5 Stunden nicht mal 10 Menschen angetroffen? Ok, die Bedingungen mit der ganzen Nässe waren nicht einfach, aber wann ist es hier schon trocken?
Und das Wetter war übrigens so, wie es der Wetterbericht vorhergesagt hatte. Wir hatten in den ganzen 5 Stunden keinen Tropfen Regen!
Wir sitzen schnell in unser Knutschi, fahren noch ca. 10km bis wir einen kleinen Parkplatz im Gebirge finden und werden hier hoch über einem See übernachten. Die Gegend rund um unseren Übernachtungsplatz werden wir dann erst morgen besichtigen. Jetzt sind wir einfach zu kaputt. Nicht mal mehr kochen mögen wir, nur noch den Blog schreiben, hinlegen und uns erholen…
Sonnenaufgang: 4:46 Uhr
Sonnenuntergang: 22:25 Uhr
zwischen 8 bis 18 Grad, von leicht Bewölkt bis Regen alles
Km: 94
2:05 Std. Fahrzeit
45km/h Durchschnitt
11,9 Liter Dieselverbrauch
28.5.2024 - Respekt, liebe Anita, das hätten wir uns nicht getraut. Wir waren gestern mit euch auf der Fähre und es war schön, euch mal "in echt" kennenzulernen. Toll, dass ihr die Wanderung zum Kjeragbolten noch gemacht. Euch weiter eine gute Fahrt, wir freuen uns auf neue Blogeinträge. Liebe Grüße Katrin und Fred aus Bremen
28.5.2024 - Vielen Dank für die nette Begegnung. Ihr habt auch einen tollen Blog.
Rolf