prähistorischer Kalender
Aussichtspunkt Tighnabruaichn
Gestern Abend haben wir sie noch gefeiert, die Wildgänse. In einer grossen V-Formationen flogen sie zuerst über unser Womo, um sich dann am Strand zu versammeln um gemeinsam Richtung Süden weiter zu ziehen. Es war ein grossartiges Schauspiel, und die Gänse hatten sich einen ganzen Sommer nicht gesehen, denn sie hatten sich sehr viel zu erzählen. Sie schnatterten, tratschten und schnabulierten und jede, aber jede wollte ihre Geschichte des Sommers preisgeben. Es war wirklich toll anzuhören. Am Anfang etwas interessanter wie dann um 3 Uhr morgens, wo sie noch immer nicht alles erzählt hatten. Wir hatten inzwischen an ihren Geschichten schon lange das Interesse verloren... Zum Glück mussten sie dann frühmorgens weiter, und endlich, endlich wurde es ruhig an unserem Strand. So schliefen wir etwas länger als sonst, durften wir auch, denn das Wetter ist grau in grau.
Nach 6km sind wir dann schon beim kleinen Fähranleger, der uns von der Insel Bute wieder aufs Festland bringt. Der Fähranleger besteht nur aus einer schräg betonierten Rampe, die Fähre kommt, öffnet das Tor, fährt die Rampe aus und die 6 wartenden Fahrzeuge inklusive wir fahren drauf. Die Fähre wird weder mit einem Strick angebunden noch sonstwie irgendwie befestigt. Sie liess einfach den Motor laufen und fuhr mit Gas gegen die Betonrampe, so dass die Laderampe an Land gedrückt wurde. Also schnell drauf und nach 10 Minuten sind wir schon auf der anderen Seite und wieder unterwegs.
Aber dann kommt für uns eine der schönsten Strecken in Schottland rund um das Loch Riddon (Loch = See, Meeresarm), Berg hoch, Berg runter, rechts, links, manchmal mit Aussicht, dann wieder Sicht in die Berge. Und dann stoppen wir am Aussichtspunkt Tighnabruaichn. Eine top Aussicht, die wir uns voll reinziehen. Man stelle sich vor, wir hätten da gutes Wetter!
Und es geht weiter so, die Gegend ist fantastisch und einige Kilometer später wieder so eine tolle Aussicht mit einem Holzgerippe eines Schiffs auf einem Berg. Es ist einfach schön, um dann nach wenigen Kilometern wieder am nächsten Fähranleger zu stehen. Auch hier wird die Fähre nicht extra festgemacht, schnell rauffahren, Tor wieder zu und schon sind wir wieder auf dem Meer und 15 Minuten später auf der anderen Seite in Tarbert. Übrigens ebenfalls ein sehr schönes Städtchen.
Wir sind echt begeistert von der Schönheit der Gegend hier. Und dann haben wir nur noch 20km bis zu unserem Tagesziel, dem Tal der Steinkreise (wie es wirklich heisst, wissen wir nicht, der Name stammt von uns und liegt zwischen Ballymeanoch und Kilmartin). Hier gibt es innerhalb zwei Kilometer prähistorische Steinkreise, stehende Steine, Steinreihen, Steinhügel und Gräber. Alle auf die Sonne ausgerichtet und über 3000 Jahre alt. Es wird vermutet, dass diese Steinreihen und Menhire alle in Zusammenhang stehen und den genauen Mondkalender darstellen. Dieser Standort ist wahrscheinlich der wichtigste und zusammenhängendste Kalender in Schottland und weist keine wirklichen Parallelen anderswo auf.
So faszinierend dieses Wissen in der Urzeit war, so blass sieht es heute bei leichten Regen leider aus. Uns faszinieren die ganzen Steine hier nicht so wirklich, vielleicht auch, weil viele relativ weit auseinander stehen und wir die Zusammenhänge nicht so wirklich sehen. Aber wir wüssten beim Blick durch die Steine, wo die Sonne und der Mond auf- und untergehen. Und das ist wichtig heute, denn sehen tun wir beide heute nie. Aber eines können diese Steine und das Wissen aus der Urzeit nicht beantworten: warum blinkt unser Kühlschrankanzeige? Was könnte das sein? Kein Gas mehr?! Wie kann das sein? Wir sind erst zwei Wochen unterwegs und schon sollen beide Gasflaschen leer sein? Sehr komisch.
Und da wir nun Gas brauchen, die nächste Gastankstelle aber 90km weiter nördlich auf unserer Reiseroute liegt, fahren wir die 90km und tanken dort voll. Komisch, es geht nur Gas für eine Flasche rein? Einzige Erklärung: eine Flasche ist noch voll und es hat nicht automatisch umgeschalten? Ok, der Kühlschrank läuft wieder und wir werden in Fort Williams 10km weiter schauen, was genau los ist. Das soll unser Tagesziel sein.
Nun stehen wir am Fusse des Ben Nevis, dem höchsten Berg Schottlands. Diesen wollten wir auf der letzten Schottlandreise besteigen, mussten das Unterfangen aber wegen Regens verschieben. Nun machen wir dann morgen einen neuen Anlauf, auch wenn wir wahrscheinlich den ersten Teil mit der Gondelbahn hochfahren.
Das Gasproblem haben wir übrigens noch nicht gelöst, nicht wegen mangelnden Könnens, sondern wegen mangelnder Zeit. Während dem Nachtessen am Ende der Welt im Nevis Range Mountain Resort, wo es gerade mal vier Wohnmobile hat, treffen wir im einzigen Verpflegungslokal bei Burger, Chips and Beer Myriam und Hanspeter, die heute die erste Nacht in ihrem gemieteten Wohnmobil verbringen werden. Also essen wir zusammen und reden und reden…
Der Abend dauerte länger wie geplant, aber wir haben zwei neue Freunde kennengelernt.